Es ist Montag, 15:00 Uhr und das hier
ist ein Brief von mir an dich.
Danke fürs Öffnen und Lesen.
Felix
etwas aus…
meiner Kamera
Aufgenommen von Heyer - 27.10.2017 - 7:00 Uhr
Das ist ein Foto des einzigen Öl-Gemäldes („Stirb, Muse stirb“ habe ich es genannt), das ich jemals verkauft habe. Für 500 Euro. 2015, stundenlang auf dem Bauch gelegen, mit dem dünnsten Pinsel jede Fläche gefüllt. Glücklich dabei gewesen.
dem Film
Die Jungs, die ich als Heilerziehungspfleger betreue wollten am Samstag „Transformers: Aufstieg der Bestien“ im Kino sehen. Die beiden fanden es gut, ich nicht. Bin zu alt dafür… Wie GEWOLLT „COOL“ kann ein Film sein? Popkultur, Slang, Pseudo-Wissenschaft… NICHTS davon nehme ich ab. Michael Bay wird bald 60. Wann ist es Zeit aufzuhören Filme zu produzieren, in denen sich Autos in Roboter verwandeln? Er befürchte er wird das noch mit 80 machen.
Freut sich noch jemand so auf OPPENHEIMER? Der Film sieht fantastisch aus (Cillian Murphy auch…) das kann nur gut werden. Donnerstag ist es soweit.
meinem Tagebuch
Vom 12.7.2023 07:07 Mittwoch
„Als ich im Haus der Altenpflege ankomme ist gerade Zeit für Kuchen. Omas Teller ist leer, die Getränke, die vor ihr stehen noch fast voll. Als sie aufsteht liegt da ein großes Stück sahnige Torte. Das sieht sie nicht, wäre ihr vermutlich aber auch egal. Es ist der heißeste Tag des Sommers und wir setzen uns auf die Terrasse. Erst in die Hollywood-Schaukel, da wippen wir etwas, dann ist ihr die einfallende Sonne auf ihren Beinen zu viel. Aus Holz gesägte Bauernhoftiere lehnen am Geländer. Zwei Aschenbecher neben uns. Die Demenzstation teilt sich einen Hof mit einem Kindergarten. Das ist laut und lebendig. Das ist auch tragisch und tröstend. Wir reden aneinander vorbei, wie man das ab einem gewissen Grad der Demenz eben so tut. Das akzeptiert man dann, genau wie die Unruhe. Dann kommt ein Mann auf den Balkon und setzt sich, stumm, rechts von uns auf einen Stuhl. Er sieht aus wie eine Mischung aus Iggy Pop und Joe Walsh, glatte blonde Haare, unten gerade abgeschnitten. Er beginnt zu rauchen. Niemanden habe ich bis jetzt schneller rauchen sehen. Dann geht er wieder. Oma fallen mittlerweile die Augen zu. Kurze Zeit später gehe dann auch ich. Ein vernebelter Sommertag im Zigarettenrauch.“
den Kopfhörern
Zurück zum Öl-Gemälde: Drei Alben habe ich während dem Malen in Dauerschleife gehört und auf der Rückseite der Leinwand verewigt. „Songs of Love and Hate“ - Leonard Cohen (Spotify|Apple), „Highway 61 Revisited“ - Bob Dylan (Spotify|Apple), „The Will to Death“ - John Frusciante (Spotify|Apple).
Alle drei haben sich in mein Bewusstsein eingebrannt.
Musik verändert die Gedanken und den Ausdruck.
mir
Zurück zum Tagebuch. Von gestern:
„In der Fremde, mit Fremden auf sich allein gestellt sein. Das macht etwas mit Menschen. Das macht sie zwangsläufig kommunikativ, offen.“
Das war ich lange nicht…
Nächsten Montag: Gleicher Ort, gleiche Zeit.
Wenn du möchtest antworte mir auf diesen Brief.
hochachtungsvoll
dein Felix