Ein Brief vor Weihnachten
#30 ...in Stimmung kommen?
Hey Du,
Die Radiomoderatorin flüstert fast, kommt dem Mikrofon ganz nah und wünscht einen entspannten Nachmittag mit den Liebsten. Menschenströme ergießen sich bei 11 Grad in die schmalen Korridore der Weihnachtsmarkt-Stände und die Streaming-Dienste entstauben die Thumbnails ihrer besinnlichen Klassiker zum Fest. Ich bin auf dem Weg ins Altenheim um Oma abzuholen, die, als ich ankomme allein und verwirrt in ihrem Zimmer vor dem Fenster steht und darauf wartet das etwas passiert. Es ist der zweite Advent. Und ich stelle mir zwei Fragen: “Wer, verdammt nochmal, genießt gerade wirklich Weihnachten?” und “Wie kann ich das wieder lernen?”
Wer genießt dieses Jahr Weihnachten?
Ein Test!
Jedes leichte Kopfnicken = ein Punkt
10 Punkte = Weihnachtself
0 Punkte = Grinch
Los geht’s.
du bist verliebt (ganze Tage verbringt ihr im Bett, ihr beschenkt euch wahnsinnig kreativ, du bist aufgeregt weil ihr Weihnachten bei ihren/seinen Eltern seid)
du hast kleine (Enkel-)Kinder (der Mythos Weihnachten ist intakt und Heiligabend voller gespannter Erwartung und Begeisterung)
du liebst deine (neue) Wohnung oder dein Haus (vielleicht seid ihr gerade eingezogen, ihr dekoriert, hängt Lichterketten auf, es duftet…)
du hast dich gerade getrennt (…und bist emotionaler als sonst und dankbar bei deiner Familie zu sein und dich aufgehoben zu fühlen)
du hast fast erwachsene Kinder (…die bald das Haus verlassen, weshalb ihr nochmal alles auffahrt was geht)
du liebst Glühwein, Crepe und Alles aus Merino-Wolle (…weshalb ihr so viel Zeit wie möglich auf Weihnachts-Märkten verbringt, natürlich auch mit den Kollegen vor der Weihnachtsfeier)
du liebst es zu backen und zu kochen (…und das gemeinsame Essen)
du liebst es zu schenken und beschenkt zu werden (…und die Freude, die es auslöst)
du schreibst Weihnachtskarten (auch an entfernte Bekannte, um zu zeigen, dass du an sie denkst)
Aus “Du” scheint vor Weihnachten immer “Wir” zu werden.
Einsamkeit der Stimmungskiller Nummer eins.
Aber fühle ich mich einsam?
Nein… was an Melina liegt.
Wie “in Stimmung” kommen?
Weihnachten hat also hauptsächlich mit den Menschen um uns herum zu tun…
Kleine Menschen, alte Menschen. Verliebte, in Schlangen stehende, schenkende und beschenkte. Trauernde, essende und trinkende. Sich umarmende, weinende, frierende und berührte Menschen.
Wer es schafft, diejenigen, die für uns oft selbstverständlich scheinen, (Partner, Familie, Freunde, Kollegen) wirklich zu sehen… ist der eigenen Weihnachtsstimmung schon viel näher.
Wer ist dann nicht dankbar? Dankbar, nicht allein durch diese Welt zu irren.
Wenn die Dankbarkeit dann zur liebevollen Aufmerksamkeit wird (das müssen keine Geschenke sein), dann erreichen wir den Kern des Ganzen.
Ich verstehe, während ich den Text schreibe, dass meine fehlende Weihnachts-Stimmung nicht mit Einsamkeit zu tun hat.
Ich bin mit meinem Kopf einfach schon im vietnamesischen Dschungel.
In drei Wochen beginnt für uns die nächste Reise. Ich plane, sehne mich, habe etwas Angst und hänge durch.
Da ist gedanklich dieses Jahr kein Platz für Kerzenschein und gebrannte Mandeln.
Vielleicht nächstes Jahr wieder.
Wer Weihnachten genießen will entschleunigt. Macht es sich mit den Liebsten zu Hause gemütlich… Das sagt ja auch die Radiomoderatorin, ganz nah am Mikrofon…
Die Weihnachtsfilme die wir dieses Jahr gesehen haben:
Family Switch - 2023 - Netflix (Freaky Friday- ähnliche Geschichte. Macht Spaß wenn man sich drauf einlässt)
Candy Cane Lane - 2023 - Prime (Grenzwertig… mit Eddie Murphy)
Tatsächlich… Liebe - 2003 - Wow/Prime (fast schon ein Klassiker - guter Film!)
Last Christmas - 2019 - Wow (angenehm unverbrauchte Storyline - überraschend)
Habt noch eine schöne Weihnachtszeit!
Danke fürs Lesen!
Bis nächsten Montag: Gleicher Ort, gleiche Zeit.
Wenn du mich möchtest, antworte mir auf diesen Brief oder teile den Newsletter mit jemandem den du kennst. Danke!
Hab eine gute Woche!
Dein Felix